Sportzahnmedizin – Sporternährung und Zahngesundheit

Sportzahnmedizin – Sporternährung und Zahngesundheit

Sportzahnmedizinerin und Trainerin Dr. Rahimian im Interview Teil II

 

medizin Sport

 

Ein Zahnarztbesuch dient nicht nur unliebsame Schönheitsmakel zu beheben – ein vitaler Mundraum frei von Entzündungen hat auch entsprechend positiven Einfluss auf unsere sportliche Leistung. Wer wiederum leichtsinnig mit seiner Mundpflege umgeht, muss auch mit Einbußen im Training rechnen.

Teil I hat den Zusammenhang zwischen Zahngesundheit und Performance im Sport aufgedeckt.

Im zweiten Teil meines Interviews mit Dr. Neda Rahimian – zertifizierte Sportzahnmedizinerin und Trainerin – werfen wir einen Blick auf Defizite in sportspezifischen Ernährungsweisen, Sporternährung und -diäten und welche Auswirkung sie auf unseren Mundraum haben können.

 

Um die sportliche Leistung zu unterstützen, gibt es aus Sicht der Sporternährung so einige Tools, denen man sich bedienen kann: vom gezielten ‚Laden‘ über verschiedene Diäten bis hin zum Postworkout-Shake-Ritual ist alles dabei.

Begünstigen spezielle Ernährungsweisen Zahnprobleme? Damit meine ich nicht die offensichtlichen Feinde wie ein Überkonsum an Süßigkeiten, sondern sporttypische Diäten, die unter Bodybuildern, Kraftsportlern, aber auch Ausdauerathleten verbreitet sind: z.B. LFHC, ketogene Ernährung, stark erhöhter Eiweißkonsum, verschiedene Formen des Fastens.

 

Karrys.Art.Of.Fitness

 

Dr. Rahimian: Ein absolutes Tabuthema sind Essstörungen bei den Sportlern. Viele Sportler sind davon betroffen, sowohl männliche, als auch weibliche. Es wird dann meist erst mit der Sprache herausgerückt, wenn ich die Spuren der Bulimie an den Zähnen erkenne und vorsichtig nachfrage. Oft schämen sich die Betroffenen, weil sie Angst haben als psychisch krank zu gelten.

Der Druck ein bestimmtes Gewicht oder ein bestimmtes Aussehen zu haben ist bei vielen Berufssportlern oder Menschen mit hohem körperlich ästhetischem Anspruch enorm.

Unter den Läufern, Triathleten und im Radsport und oft bei Fußballern gibt es außerdem vermehrt das Phänomen der Erosionen.

Diese entstehen dadurch, dass isotonische Getränke und Gels getrunken werden und der Mund im Wettkampf sehr austrocknet. So sind die Zähne auch verstärkt der schädigenden Wirkung der süßen Energie liefernden Getränken ausgesetzt, da der Speichel als Schutzmedium nicht vorhanden ist. Es entstehen flächige Stellen auf den Zähnen, die nicht wie ein klassisches „Loch“ aussehen, sondern eine Farbveränderung und Schmerzempfindlichkeit aufweisen, die den gesamten Körper belasten können.

 

 

Von welchen Ernährungstrends kannst du aus zahnmedizinischer Sicht abraten? Was kann man bei spezielle Sporternährung tun, um Zahnprobleme zu vermeiden?

 

Dr. Rahimian: Salate mit Dressing oder Essig bzw. Zitronensäure sind auch nicht gut für die Zähne. Da kann aber mit verschiedenen Ölen wie Kürbiskernöl, oder Walnussöl alternativ etwas mehr Pepp in die gesunde Ernährung gebracht werden. Dann nimmt der Körper, dank des Öls, die Vitamine auch besser auf, also hat der Sportler eine doppelte positive Wirkung. Besorgniserregend ist aus zahnmedizinischer Sicht der Trend zu den Früchte-Smoothies. Der süße Früchtebrei ist eine erhebliche Säureattacke auf die Zähne, ganz besonders wenn da noch säurehaltige Früchte dabei sind oder noch mit Honig oder gar Zucker nachgesüßt wurde. Den Smoothiefans unter euch, empfehle ich tatsächlich grüne Smoothies, da das Gemüse keine starken Säureattacken in Kombination mit einem Overload Fruktose bewirkt.

Ich möchte dringend von Energydrinks abraten, da diese nicht nur meist schlecht für die Leber, sondern auch sehr zahnschädigend sind. Wer es dennoch nicht lassen kann, soll bitte das Getränk mit einem Strohhalm zu sich nehmen, so dass die Zähne so wenig wie möglich davon umspült werden.

Energy Sport

 

Ach, das ist eine super Idee! Der Kompromiss lässt sich doch locker eingehen. Wobei ich generell auch von Energydrinks abraten würde. Viel Zucker und Koffein in Verbindung mit Sport erhöhen den Cortisol Spiegel extrem und können auf Dauer die Regenration stark beeinträchtigen. Mal ganz abgesehen von den leeren Kalorien – ausschließlich Zucker in hohem Maße, das man sich mit dem Drink zuführt.

Apropos Zucker: Fitnessfood wird sehr gerne mit Süßstoffen verfeinert. Null Zucker gleich null Schädigung an den Zähnen?

 

Dr. Rahimian: Das Prinzip ist einfach, wo kein Zucker, da keine Karies. Man sollte aber darauf achten, auf welche Süßstoffe man da ausweicht. Die Modespeise Skyr hat z. B. auch fruchtige Versionen auf den Markt gebracht, die mit erheblichen Mengen Aspartam angereichert worden sind. Nicht jeder Süßstoff ist eine Wohltat. Es wurden immer wieder Nebenwirkungen wie Lymphdrüsenkrebs etc. mit Aspartam in Zusammenhang gebracht. Es muss jeder für sich selber entscheiden was er zu sich nehmen möchte. Die Medien und Studien sind da teilweise sehr widersprüchlich. Fakt ist, dass es den Industrien natürlich um Geld geht und der Endkonsument daher im Dunkeln gelassen wird.

 

 

Leider hört dieser Trend bei zuckerfrei gesüßten Lebensmitteln nicht auf. Da geschickt gewählte Lebensmittel die sportliche Leistung durchaus verbessern können, wird auf jeder erdenklichen Ebene mit dem Bestreben nach Perfektion gespielt: mit künstlichen Vitaminen verfeinerte Speisen, extra Load Protein, entfettete Nahrungsmittel und vieles mehr. Genug Stoff für einen eigenen Blogeintrag!

Kommen wir zu den geschickt gewählten Lebensmitteln zurück: Wer sportlich sehr aktiv ist, hat neben einem erhöhten Energieverbrauch auch einen höheren Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen. In Kombination mit einer qualitativ oder quantitativ unzureichenden Sporternährung werden Mängel begünstigt.

Gibt es Mangelerscheinungen, die sich auch an den Zähnen bemerkbar machen?

 

Dr. Rahimian: Das Vitamin-D ist sehr wichtig für die Mineralisation von Zähnen und Knochen. Ohne Vitamin-D kann unser Körper die über die Nahrung aufgenommenen Mineralien nicht in den Knochen und in den Zähnen aufnehmen. Auch ist Vitamin-D wichtig für die Aktivität des Immunsystems. So kann ein Vitamin-D-Mangel dazu führen, dass Entzündungen, wie z. B. im Zahnfleisch nicht bekämpft werden können und somit schneller voranschreiten.

Der Mensch hat zwei Wege seinen Vitaminbedarf zu decken. Der natürlichste Weg ist über Sonnenstrahlung. Durch die Einwirkung des Sonnenlichts wird eine Vorstufe des Vitamins über Zwischenschritte in das Vitamin-D3 umgewandelt. Der zweite Weg ist durch Nahrungsergänzungsmittel.

Auch können sogenannte Aphten durch Eisenmangel, Mangel an Folsäure, Vitamin B12 oder Zink begünstigt werden. Dies fällt besonders bei Menschen auf, die an einer Darmerkrankung leiden und daher diese Stoffe nicht mehr gut aufnehmen können.
Das Fehlen des Vitamin-C kann die Symptome des sogenannten Skorbutes bewirken. Hierbei leidet man unter starken Zahnfleischblutungen, Zahnfleischwucherungen bis zum Zahnausfall. Außerdem können Einblutungen in der Zunge auf dieser Mangelerscheinung hinweisen.

 

 

Überdosierungen an Vitaminen und Mineralien sind durch natürliche Nahrungsmittel nur selten möglich und werden meist durch den Missbrauch von Nahrungsergänzungsmitteln erreicht.

Wer seinen täglichen Bedarf an Vitaminen und Mineralien nicht decken kann, greift gerne zu Supplements. Wer dies jedoch tut ohne vorher die Notwendigkeit in einer Blutuntersuchung mit einem Arzt zu besprechen, läuft schnell Gefahr zu hoch zu dosieren. Im Sport geht man halt gerne auf ‚Nummer sicher‘.

Kann die Zahngesundheit auch Auskunft darüber geben, ob eine entsprechende Überdosierung vorliegt?

 

Dr. Rahimian: Es wird leider immer noch zu häufig und zu lange mit Fluoridtabletten gearbeitet. So ist das Phänomen der sogenannten Fluorosen in den Wohlstandsländern sehr verbreitet. Während des Kleinkindalters werden die Vitamin-D-Fluoridtabletten berechtigterweise eingenommen. Jedoch neigen auch einige überängstliche Eltern dazu dem Kind bis weit in das Grundschulalter hinein diese Tabletten zu geben, frei nach dem Motto „viel hilft viel“. Dann kommt es dazu, dass Zähne schneeweiße Flecken bekommen und somit optisch anders aussehen als sie sollten.

 

 

Sehr weit über das Grundschulalter hinaus! Informiert man sich in Apotheken oder Supplement Shops so wird dieses Kombi-präparat auch für Erwachsene angeboten. Würdest du grundsätzlich davon abraten?

 

Dr. Rahimian: Fluorid gehört in die Zahnpasta und hilft den Zähnen sich zu remineralisieren und das lokal, am Ort des Geschehens. Ich kenne nur die sinnvolle Kombination von Vitamin-D und Vitamin-K. Bisher hat mir kein Sportler berichtet, dass er Vitamin-D-Fluorid als Kombi nimmt.

Ausreichende Fluoridversorgung durch die Zahnpasta kann die Karies mindern, jedoch nicht verhindern, wenn die Zahnpflege nicht optimal ist.

Wir nehmen als Erwachsene genug Fluoride über die Nahrung auf, so dass wir keine Supplements in der Form benötigen. Wer sich da unsicher ist, kann seine Blutwerte checken lassen oder einfach Flurorid angereichertes Speisesalz zu sich nehmen oder noch besser Walnüsse, Fisch oder Pistazien. Genaueres sollte immer mit dem Hausarzt anhand eines Blutbildes abgestimmt werden, da es sich beim Fluorid um ein Spurenelement handelt und der Körper selbst nicht viel davon benötigt.

Was viel häufiger vorkommt ist eine Vitamin-D-Unterversorgung, da wir in Deutschland oft wenig Sonne haben. Hier werden Vitamin-D-Präparate nötig, die jedoch nicht zwingend mit Fluorid in Kombination eingenommen werden müssen.

 

 

Rauchen als Genussmittel hat unter Sportler nichts zu suchen. So sollte man meinen – dennoch gibt es überraschend viele, die es doch noch tun. Dass es die Zahngesundheit stark beeinträchtigt und Entzündungen fördert, ist bekannt. Wie schaut es mit der vermeidlich gesünderen Nikotinvariante der E-Zigarette aus? Es wird ihr nachgesagt, nicht schädlich auf die Zähne und Zahnfleisch zu wirken. Der kalte Entzug ist nicht jedermanns Sache und so wird sich der milderen Variante bedient, um den Übergang zum Nichtraucher möglichst angenehm zu gestalten.

Sport und Rauchen

Ist diese Option wirklich gesünder für unsere Zähne?

 

Dr. Rahimian: Persönlich blicke ich mit Sorge auf den Trend der sogenannten E-Zigarette. Abgesehen davon, dass Aromen von Natur aus nicht dazu gedacht sind als Dampf eingeatmet zu werden und dadurch noch Spätfolgen für die Lungen, Blutgefäße und das Herz zu erwarten sind, muss ich betonen, dass auch das Zahnfleisch und die gesamte Mundschleimhaut in seiner zellulären Struktur beschädigt wird.

Die beschädigten Zellen der Mundschleimhaut sind nicht mehr in der Lage ihre Funktion auszuüben. So kommt es dazu, dass Zahnfleischerkrankungen und auch spätere Krebserkrankungen leichteres Spiel haben als bei einem Nichtraucher. Die leckeren Geschmackssorten bewirken, dass diese Aspekte leicht verharmlost werden, denn etwas, das so lecker schmeckt, wird vom Gehirn als harmlos und wohltuend aufgenommen.

 

Einen großen Dank für Deine aufschlussreichen Antworten, liebe Neda!

 

Sportzahnmedizin – ein wirklich sehr spannendes Thema, dem in der Praxis noch viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.

Also liebe Profi- und Freizeitsportler, ein regelmäßiger Check tut nicht weh – im schlimmsten Fall verlasst ihr die Praxis mit einem strahlenden Lächeln und der Gewissheit eurer Gesundheit und sportlichen Leistung etwas Gutes getan zu haben!

 

Habt ihr spezielle Fragen, die ihr gerne beantwortet sehen möchtet? Schreibt mir!

 

Mehr Trends, Tipps und Ideen von mir findet ihr auf Instagram @karrys.art.of.fitness.
– schaut vorbei! Freue mich auf euch

Eure Karina

 

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